

Still, scheu und nahezu lautlos bewegt er sich durch unsere Wälder: der Luchs – eine der faszinierendsten, aber auch bedrohtesten Wildtierarten Mitteleuropas. Seine Rückkehr in die österreichischen Alpen und Voralpen ist eine stille, aber auch fragile Erfolgsgeschichte, die noch längst nicht abgeschlossen ist. Zu Beginn des Jahres 2025 leben in Österreich insgesamt etwa 30 dieser heimlichen Waldbewohner – jeweils rund 15 in der kontinentalen und in der alpinen Ökoregion. Viele von ihnen sind Grenzgänger, wandern zwischen Ländern, Schutzgebieten und Unsicherheit.
In den Nördlichen Kalkalpen zwischen den Nationalparks Kalkalpen und Gesäuse wurden jüngst nur noch zwei Tiere, Luzi und Karo, dokumentiert – ein Rückschritt für die Region. Luchs Janus, der am 31. Januar 2025 in Oberösterreich freigelassen wurde, erkundet seither vorsichtig sein neues Revier. Aus dem italienischen Tarvis hat sich Margy in das Grenzgebiet zwischen Kärnten und der Steiermark vorgewagt. Und in Wildalpen ziehen Emil und Erika ihre Kreise – beides Nachkommen aus dem Nationalpark Kalkalpen, doch bisher ohne eigenen Nachwuchs. Trotz dieser Nachweise bleibt das Überleben des Luchses äußerst unsicher. Er wird nicht überall willkommen geheißen. Illegale Tötungen sind traurige Realität – ein Schatten über der Rückkehr eines Wildtieres, das einst fest zur heimischen Natur gehörte.
Wer dem Luchs jedoch näherkommen möchte, kann dies derzeit auf ganz besondere Weise tun: In der Galerie „Alte Sägehalle“ des Nationalparks Gesäuse in Gstatterboden ist die eindrucksvolle Ausstellung „Der Europäische Luchs – Geschichten aus dem Verborgenen“ des Naturfotografen Julius Kramer zu sehen. Seit über einem Jahrzehnt folgt er mit Kamerafallen im Bayerischen Wald der geheimen Spur dieses faszinierenden Wildtieres. Seine Arbeit ist geprägt von Geduld, Intuition und einem tiefen Respekt für das Lebewesen – oft dauert es Wochen, bis sich ein Luchs vor der Linse zeigt. Doch wenn es gelingt, entstehen bewegende Bilder: einsame Streifzüge im Dämmerlicht, neugierige Jungtiere im Spiel, lautlose Begegnungen zwischen Wildnis und Wirklichkeit. Auch Aufnahmen aus Tierfreigehegen finden sich darunter – eine wertvolle Ergänzung, die das Wesen des Luchses aus nächster Nähe zeigt. Kramer geht es nicht allein um das Schöne. Er will sichtbar machen, was sonst unsichtbar bleibt – und aufklären über die Bedrohungen, die dem Luchs das Leben schwer machen. Seine Fotografien tragen nicht nur zur Forschung bei, sondern fließen in die Umweltbildung ein. Denn nur wer den Luchs kennt, wird ihn auch schützen. Die Ausstellung ist bei freiem Eintritt täglich bis Ende Oktober von 9:30 bis 19:00 Uhr zu besichtigen.
Einen anderen Zugang zum Thema eröffnet die neue Outdoor-Ausstellung „Der Luchs Trail“ von Christine Sonvilla und Marc Graf, die in der Eichelau bei Admont gezeigt wird. Die beiden international ausgezeichneten Naturfilmer und Fotografen sind selbst den gleichnamigen Weitwanderweg gegangen – eine 220 Kilometer lange Tour über elf Etappen, die durch die „wilde Mitte Österreichs“ führt: vom Nationalpark Kalkalpen über das Gesäuse bis zum Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal. Sie sind durch raue Täler, über steile Pässe und stille Wälder gewandert – auf den Spuren eines Tieres, das man fast nie zu Gesicht bekommt. Ihre fotografischen Impressionen zeigen eine ursprüngliche Landschaft voller Schönheit und Wildheit – ein Zuhause für den Luchs, das nur noch wenigen Tieren bleibt. In dieser riesigen Region leben derzeit kaum mehr als sieben Individuen. Ihr Überleben hängt am seidenen Faden – und an unserem Willen, diese Wildnis zu bewahren.
Mit ihrer Ausstellung wollen Sonvilla und Graf nicht nur die Magie des Trails einfangen, sondern auch das Bewusstsein für den Luchs und seine schwierige Rückkehr schärfen.
Ob in Gstatterboden oder Admont: Beide Ausstellungen laden dazu ein, den Luchs nicht nur zu entdecken – sondern ihn neu zu sehen. Als Teil unserer Natur, unserer Geschichte und vielleicht auch unserer Zukunft. Auf leisen Pfoten ist er wieder da. Jetzt liegt es an uns, ob er bleibt.
Für weitere Informationen:
Zu den Ausstellungen: Martin Hartmann | m.hartmann@nationalpark-gesaeuse.at
+43 664 82 52 304
Zum Luchs: Alexander Maringer | a.maringer@nationalpark-gesaeuse.at
+43 664 82 52 314